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Lernerfolge-Blog

04.05.2025

ADHS, Hochsensibilität oder Autismus? Gemeinsamkeiten und Unterschiede

In meiner Praxis erlebe ich häufig, dass sich Eltern Sorgen machen, wenn sie im Alltag auffälliges oder unangepasstes Verhalten bei Ihren Kindern erleben. Egal ob es sich dabei um Konzentrationsprobleme, Rückzug oder impulsive Überreaktionen handelt.

 

Und sie stellen sich Fragen, wie beispielsweise:

 

❓ „Mein Kind reagiert häufig impulsiv und kann sich schlecht konzentrieren. Könnte es ADHS haben?“

 ❓ „Ist es vielleicht einfach hochsensibel?“

 ❓ „Oder steckt mehr dahinter, möglicherweise Autismus?“

 

 

💡 Die Fragen sind allesamt berechtigt, gibt es doch gemeinsame oder sehr ähnliche Merkmale einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) und von Hochsensibilität.

 

💡 Wichtig ist zu wissen ist, dass Hochsensibilität als Persönlichkeitsmerkmal gilt und kein offiziell anerkanntes Störungsbild im ICD-10, dem internationalen Klassifikationssystem für Krankheiten, darstellt. Elaine N. Aron war die erste Autorin, die Hochsensibilität ihrem Buch „Sind Sie hochsensibel?“ beschrieb.

Einen Online-Test finden Sie [hier] (Website der Fachzeitschrift Psychologie Heute). Damit finden Sie heraus, ob Sie oder Ihr Kind hochsensibel sind.

 

💡 Gemeinsamkeiten von ADHS, ASS und Hochsensibilität:

In diesem Blog-Artikel zeige ich typische Überschneidungen auf – und worauf Sie achten können, um Ihr Kind besser zu verstehen und es gezielt zu unterstützen. Durch Kompensation verbessern sich die Merkmale im Lauf der Zeit, trotzdem fühlen die Betroffen oft Einschränkungen in ihrer Lebensqualität – und zwar auf familiärer, sozialer und beruflicher Ebene.

  • Merkmale treten schon früh auf, oft schon im Säuglingsalter

  • Merkmale häufig auch bei weiteren Familienmitgliedern
  • Störungen bei der Aufmerksamkeit
  • Reizüberflutung

  • Ablenkbarkeit

  • Schwierigkeiten unter Gleichaltrigen, Freunden oder Partnern

  • Wahrnehmung der sozialen Umwelt (Wahrnehmung, Analyse und Interpretation von Situationen oder den Absichten anderer Menschen)

  • Unruhe

  • Impulsives Verhalten

 

💡 Unterschiede gibt es in den Fähigkeiten, die ermöglichen, Verhalten zu steuern, zu planen und zu regulieren:

Beispielsweise mit der Wahrnehmungsfähigkeit, um das Denken, Fühlen und Wollen anderer Menschen zu erschließen (kognitive Empathie). Damit haben vor allem Menschen mit ASS Schwierigkeiten.

 

💡  Denken Sie immer auch daran, dass es durchaus möglich ist, dass ADHS, ASS und Hochsensibilität gemeinsam, nebeneinander vorliegen können!

 

 

💡 Im Alltag zeigen sich dann die gemeinsamen Merkmale:

 

1. Reizverarbeitung: wenn es schnell „zu viel“ wird

 

Gemeinsamkeiten im Verhalten:

  • Geräusche, Licht, Gerüche, Berührungen oder viele Menschen führen schnell zur Überforderung.

  • Das Kind wirkt schnell „überreizt“, zieht sich zurück, wird wütend oder unkonzentriert.

Unterschiede in der Ursache:

  • Bei ADHS liegt die Ursache oft in der fehlenden Reizfilterung – alles dringt gleichzeitig ins Bewusstsein.

  • Bei Hochsensibilität wird jeder Reiz tief und differenziert verarbeitet – das führt zu schneller Erschöpfung.

  • Bei Autismus geht es häufig um sensorische Empfindlichkeiten: bestimmte Geräusche oder Kleidungsstoffe sind fast schmerzhaft unangenehm.

 

2. Soziale Schwierigkeiten: gleiche Unsicherheit, andere Ursache

 

Wenn Kinder sich im Kontakt mit anderen schwer tun, lässt sich das nicht automatisch einer Besonderheit von AD(H)S, Hochsensibilität oder Autismus zuordnen.

Gemeinsamkeiten:

  • Schwierigkeiten in Gruppen

  • Missverständnisse in Gesprächen

  • Rückzug oder Verhaltensauffälligkeiten

Unterschiede:

  • Bei ADHS ist oft die Impulsivität das Problem: Unterbrechen, dazwischenreden, schwer aushaltbare Frustration.

  • Hochsensible Kinder sind oft empathisch, brauchen aber mehr Rückzug, denn sie nehmen alles intensiv wahr.

  • Kinder mit Autismus tun sich schwer, soziale Signale zu „lesen“ – Körpersprache, Ironie oder Mimik wirken verwirrend.

 

 

3. Emotionale Regulation: intensive, impulsive Reaktionen

 

Alle drei Gruppen zeigen manchmal emotionale Ausbrüche oder impulsives Verhalten.

 

  • Bei ADHS: impulsiv, heftig, Selbstregulation schwierig

  • Bei Hochsensibilität: tief empfundene Gefühle, Tränen oder Rückzug nach zu viel Input.

  • Bei Autismus: sogenannte Meltdowns (ein Zustand intensiver Überforderung, in dem Kinder sich nicht mehr selbst regulieren können) – wenn die innere Ordnung bricht oder zu viele Reize gleichzeitig ankommen.

 

 

 

4. Ist Struktur die Rettung?

 

Struktur hilft fast allen Kindern – der Umgang damit unterscheidet sich jedoch deutlich:

  • Kind mit ADHS kann Struktur schwer einhalten – Chaos ist häufig.
  • Kind mit Hochsensibilität profitiert von festen Abläufen – zum Entspannen.

  • Kind mit Autismus ist auf Struktur angewiesen – sie schafft Sicherheit.

 

 

 

5. Konzentration: mal top Fokus, mal null Aufmerksamkeit

 

Was nach „Unkonzentriertheit“ aussieht, hat viele Gesichter:

  • ADHS: Der Fokus springt – es sei denn, ein Thema ist total spannend (möglich auch ein Hyperfokus, also eine reaktive Fixierung).

  • Hochsensible Kinder: Können sich gut konzentrieren, werden aber schnell erschöpft.

  • Autistische Kinder: Zeigen oft eine enorme Konzentration – aber nur bei Spezialinteressen.

 

 

💡 Was kann ich tun, um mein Kind zu unterstützen:

 

  • Gehen Sie auch mal unkonvetionelle Wege. Sie kennen Ihr Kind am allerbesten. Bleiben Sie dabei, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihrem Kind etwas richtig gut tut.

  • Fragen Sie in der Schule, welche Möglichkeiten es gibt, Reizüberflutung zu verringern: der richtige Sitzplatz, Hörschutz, Aufschriebe zuhause fertig stellen, das Pausenbrot im Klassenzimmer essen, ...

  • Stellen Sie sicher, dass Ihr Kind alle Nährstoffe bekommt, die es benötigt (Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, Vitamin B6, Vitamin B12, Magnesium, Zink, ...)

  • Denken Sie auch überr alternative Heilmethoden nach.

  • Sorgen Sie für einen strukturierten Tagesablauf.

  • Wie für eine gute Entwicklung aller Kinder ist Bewegung an der frischen Luft sehr wichtig.

  • Eine gute Ergotherapeutin, Lernberaterin oder eine besondere Bezugsperson kann Ihrem Kind und Ihrer Familie Entlastung bringen.

 

 

Meine Erfahrung als Lernberaterin & Elterncoach zeigt:

 

Nicht jedes auffällige Verhalten ist ein „Störungsbild“. Trotzdem gibt es auch ohne Diagnose häufig Handlungsbedarf, um wieder einen stressfreien Alltag oder Erfolg beim Lernen zu ermöglichen.


Und umgekehrt: Je besser wir die Hintergründe verstehen, desto gezielter können wir helfen.

 

 

Neugierig auf mehr? [hier geht´s zum kostenlosen Beratungsgespräch]

 

 

 

Text und Bild: Andrea Ertl